Zur Gemeinde Liebfrauen gehören ca. 4000 Katholiken; einige von ihnen leben in einem der vier Altenheime im Gemeindegebiet. Im Bereich der Pfarrei gibt es das Kloster der Schwestern von der Göttlichen Vorsehung, die ein Krankenhaus unterhalten haben. Mittlerweile ist das ehemalige Marienhospital im Martinspfad 72 mit den städtischen Kliniken Darmstadt verschmolzen.
Lassen Sie sich zu einem kleinen Rundgang durch unsere Kirche einladen und erfahren Sie einige Daten aus der Geschichte unserer Gemeinde und ihrer Kirche.
Gemeindeentwicklung
Am 7. Juli 1887, ein Jahr, bevor sich die politische Gemeinde von Bessungen der Stadt Darmstadt anschloss, wurde Bessungen als Filialgemeinde von der Darmstädter Gemeinde St. Ludwig abgetrennt und ein eigener Kirchenvorstand gebildet. Die Gottesdienste wurden damals in einer Kapelle im Herdweg 28 gefeiert.
Seit 1901 ist Bessungen Pfarrkuratie und somit ist 1901 auch Gründungsjahr der Pfarrei Liebfrauen.
Zunächst hieß sie Martinsgemeinde. Eine eigene Pfarrkirche gab es bei der Gründung der Gemeinde allerdings noch nicht.
Im Jahr 1902 wurde eine neue Kapelle geweiht, zum Schutzpatron wurde der hl. Martin gewählt. Sie war in einem ehemaligen Möbelschuppen Ecke Herdweg/Bruchwiesenstraße eingerichtet worden. Schließlich konnte an der Klappacher Straße ein Grundstück erworben werden, das genügend Platz für eine Kirche, das Pfarrhaus und das Gemeindehaus bot. Aufgrund der begrenzten Mittel sollte zunächst der untere Teil der Kirche gebaut werden. Die im Jahre 1924 entstehende Unterkirche lag 2,50m in der Erde und ragte 2,30m über den Erdboden hinaus. Sie wurde am 8. September 1924 geweiht.
1930 wurde der Name der Pfarrei in Liebfrauen umgewandelt. Deswegen feiert die Pfarrei ihr Patrozinium am 8. September, dem Fest Mariä Geburt. Der hl. Martin blieb jedoch zweiter Schutzpatron.
Im Jahr 1936 wurde schließlich nach den Plänen des Architekten Pinand mit der Erweiterung der Unterkirche begonnen. Es entstanden nacheinander die jetzige Sakristei, der Martinsaal, die Marien- und die Taufkapelle und schließlich die Liebfrauenkirche in ihrer jetzigen Form. Sie wurde am 2. Mai 1937 geweiht.
Anlässlich des 50jährigen Jubiläums 1987 wurde der gesamte Altarraum der Kirche von dem Künstler Prof. Paul Brandenburg neu gestaltet. Das Apsismosaik hinter dem Hauptaltar, das der Künstler Edzard Seeger gestaltet hat, blieb erhalten.
Im Rahmen der Umgestaltung des Innenraumes wurde eine neue Orgel von der Orgelbaufirma Hugo Mayer, Heusweiler angeschafft.
Der Kirchenraum
Die Liebfrauenkirche ist – abweichend von der “heiligen Baulinie” – in Nord-Südachse errichtet worden. Durch das einzige große Fenster in der Ostwand fällt das Licht in den Altarraum. Diese Fenster zeigt wie die großen Fenster auf der Westseite eines der sieben Sakramente. Die 2013 neu installierte Deckenbeleuchtung erlaubt zusätzlich verschiedene farbige Lichtinszenierungen.
Bei der Neugestaltung des Altarraums wurde Anröchter Dolomit für Altar, Tabernakel (das ewige Licht im roten Glas weist auf die Gegenwart Christi im eucharistischen Brot hin), Ambo (der Ort, von dem aus die Heilige Schrift, Lesung und Evangelium, verkündet und ausgelegt werden) und die Sitzbänke für Priester verwendet. Durch die verwendung gleichen Materials sollte besonders der innere Zusammenhang zwischen dem “Tisch des Wortes” (Ambo) und dem “Tisch des Brotes” (Altar) hervorgehoben werden.
Der Altar beherbergt Reliquien des Heiligen Petrus Canisius (“Apostel Deutschland und der Schweiz”, 16. Jahrhundert).
Das Groß-Mosaik im Chorraum wurde 1962 vom Künstler Edzard Seeger geschaffen und ergänzt die um das Mittelschiff herumlaufenden Kreuzwegstationen um eine zusätzliche: es zeigt als “fünfzehnte Kreuzwegstation” den auferstandenen Christus.
Im Rahmen der letzten Renovierung wurde die Apsis in Anlehnung an ein Werk von Matthias Grünewald durch den Kirchenmaler Jörg Held farblich neu gestaltet.
Die Taufkapelle
ist ein runder Seitenanbau rechts vom Eingang, vorbei an der Seitenkapelle des heiligen Apostels Judas Thaddäus. In der Mitte befindet sich das Taufbecken, das um zwei Stufen tiefer gesetzt ist, um das Hinabsteigen ins Wasser anzudeuten. “Wiedergeboren aus dem Wasser und dem heiligen Geist” steigt der Täufling nach der Taufe wieder herauf.
Im sechsten Kapitel des Römerbriefes heißt es:
Die Getauften seien mit Christus begraben worden. Das Wasser nimmt den Menschen wie ein Grab auf und verschlingt ihn. Der Sünder geht in der Taufe unter, sein altes Wesen wird vernichtet. Aber der Getaufte taucht wieder empor und zwar als neuer Mensch. Das Wasser wird, wie es bei den Gebeten zur Weihe des Taufwassers heißt, zum Schoß, der gebiert. (Karl-Heinz Kussmann) “Wenn jemand nicht wiedergeboren ist aus dem Wasser und dem Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes eingehen” (Joh.3,5), so spricht Jesus zu Nikodemus.
Ein kleines Spitzbogenfenster mit zwei Fischen rechts und links vom Kreuz erhellt den Gang zur Taufkapelle.
Durch die frohe Botschaft des Herrn war das Fischsymbol in die erste Christengemeinde gekommen, die es als ihr geheimes Erkennungszeichen benutzte. Die Verbindung zur Taufe ergibt sich von selbst, wenn wir an die frühere Taufpraxis denken, die ein völliges Untertauchen des Täuflings verlangte. So wie die Fische im Wasser ihr Lebenselement haben, so erhalten die Menschen im Zeichen des Kreuzes und durch das Wasser der Taufe das göttliche Leben.
Gesprächs- und Beichtkapelle
Gemäß übernommener Überlieferung der Pfarrei gibt es in der Kirche eine Judas-Thaddäus-Kapelle. Judas Thaddäus ist einer der Apostel des Herrn und einer der vierzehn großen Nothelfer. Er gilt als Patron der hoffnungslosen Fälle, was also heißt, es gibt keine hoffnungslosen Fälle vor Gott. Diese Kapelle ist zu einem Gesprächszimmer ausgebaut, in dem das Sakrament der Versöhnung empfangen werden kann. Ein wunderschönes Mosaik von Edzard Seeger schmückt diesen Raum und Votivtafeln, die von der Hilfe des Heiligen zeugen. Ein Hoffnungsort.
Der neuen Nutzung entsprechend wurden die zum Hauptschiff offenen Spitzbögen geschlossen. In den entstandenen Nischen stehen Figuren des Heiligen Antonius und des Heiligen Judas Thaddäus.
Werktagskapelle / Marienkapelle
Wenn man die Kirche betritt, befindet sich links vom Eingang ein rechteckiger Seitenbau. Er hat drei mittelgroße bunte Spitzbogenfenster, eins nach Norden und zwei nach Süden ausgerichtet. Die Motive auf den Fenstern sind Symbole für Maria, die Mutter Gottes, unsere Fürsprecherin.
Den Mittelpunkt der Kapelle bilden der im September 1999 geweihte Edith-Stein-Altar und die Kreuzigungsgruppe, die aus der Barockzeit (17./18. Jahrhundert) stammt. Ausdrucksstarke Gesichter haben unsere Barockfiguren in der Werktagskapelle. Sie waren mit Einbau der neuen Orgel aus der Kirche entfernt worden und haben nun einen neuen Platz an der Altarwand gefunden. Ihre Körper sind bewegt, und die wiederhergestellte barocke Farbfassung unterstreicht noch ihre Schönheit. Entstanden sind sie nach dem Dreißigjährigen Krieg, der im 17. Jahrhundert Europa dezimierte. Der barocke Mensch hat zuviel Schlimmes erlebt und das zeigt sich auch in Bildern und Skulpturen: ein drastischer Realismus entsteht. So mancher war entsetzt, was er jetzt in Gemälden und Skulpturen sehen musste – aber das entsprach dem Zeitgefühl. Vielleicht geht es auch Ihnen so, wenn Sie unsere Figuren betrachten.
In die Nische der Südwand wurde die Platte des ehemaligen Hochaltars aus rotem Marmor eingebaut. Darin befindet sich ein Reliquiengrab mit den Reliquien von fünf Heiligen: der Heiligen Ursula (Märtyrerin bei Köln im 3. Jahrhundert), des Heiligen Fortunatus, des Heiligen Biodarus, des Heiligen Juciniculus und der Heiligen Casta (sogenannte “Katakombenheilige”, das heißt Märtyrer der frühen Christenheit).
Auch kann man hier eine kleine Pieta sehen. Sie ist sehr wertvoll und stammt aus dem 17. Jahrhundert. Über ihre Herkunft ist nichts bekannt.
Die Orgel der Pfarrkirche
Im Jahre 1989 erhielt die Pfarrkirche eine neue Orgel, die von der Orgelbaufirma Mayer aus Heusweiler (Saarland) gebaut wurde.
Einzelheiten hierzu sowie die gesamte Disposition finden Sie hier .
Die Glocken von Liebfrauen
Eine kurz gefasste Chronologie
Erstmalig im Juni 1991 wurden bei der regelmäßigen technischen Inspektion und Wartung auf beginnende Schäden an unseren vier Stahl-Hartgussglocken aus dem Jahr 1948 und deren Aufhängung hingewiesen. Die Situation war noch nicht dramatisch, aber sie musste unter Beobachtung bleiben. Gleichzeitig begann die Suche nach einer geeigneten Lösung, die unseren finanziellen Möglichkeiten entsprechen würde. Das Spendenkonto “Glocken” wurde eingerichtet.
Der Zustand des Geläutes verschlechterte sich mit der Zeit sehr deutlich und das Urteil vom 24.10.1997 des Glockensachverständigen der Diözese Mainz war für uns sehr bedrückend. Die Anschaffung eines kompletten neuen Geläutes war zu diesem Zeitpunkt unmöglich. Die Sanierung des Kirchendaches hatte zu der Zeit absoluten Vorrang. Verschiedene überprüfte Lösungen, das heißt Teillösungen, erwiesen sich als nicht vertretbar. Wir mussten wohl oder übel in Kauf nehmen, dass aus Sicherheitsgründen im Januar 1999 die kleinste Glocke stillgelegt werden musste und Glocke 3 nur möglichst selten geläutet werden durfte.
Im Juni 1999 brach dann der Lagerbolzen des Klöppels der Glocke 2 und dieser stürzte in die Glockenstube ab, Gott sei Dank, ohne großen Schaden anzurichten.
Der Aufruf “Unsere kranken Glocken” fand dankenswerter Weise großes Echo in der Gemeinde. Das Ergebnis hat aber nicht zur gesicherten Finanzierung eines neuen Bronzegeläutes ausgereicht. Einen Zuschuss für Glocken vom Bischöflichen Ordinariat Mainz gibt es nicht. Wir mussten uns also darauf einstellen, dass über kurz oder lang aus Sicherheitsgründen die Glocken hätten stillgelegt werden müssen.
Anfang 2000 erhielten wir unerwartet eine großzügige Zuwendung, die – zusammen mit dem von der Gemeinde Angesparten – dem Verwaltungsrat die Möglichkeit gab, die Anschaffung eines kompletten neuen Bronzegeläutes und Glockenstuhls wieder aufzugreifen und zu beschließen. Angesichts des bevorstehenden 100. Geburtstages der Pfarrgemeinde wurden die notwendigen Maßnahmen mit Energie vorangetrieben. Die für die Ausschreibung erforderliche Leistungsbeschreibung wurde durch den Glockensachverständigen erstellt, die Angebote eingeholt, es erfolgte der Angebotsvergleich und der Beschluss zur Auftragsvergabe. Dann musste die Genehmigung der verschiedenen Referate des BO (Finanzabteilung, Rechtsabteilung, Diözesanbauamt usw.) eingeholt werden, um nur wenige Stationen zu nennen, bis der Auftrag endgültig zugunsten der Eifeler Glockengießerei K.A.Mark in Brockscheid bestätigt wurde.
Der Glockenguss erfolgte am 17. März 2001.
Die Glockenweihe in unserer Pfarrkirche wurde von Weihbischof Wolfgang Rolly am 1. Mai 2001 vorgenommen.
Klangmotiv der Glocken
"SALVE REGINA"
Glocke 1 | Marienglocke | Ton c | 1540 mm Durchm., ca. 2400 kg |
Glocke 2 | Martinusglocke | Ton e | 1300 mm Durchm., ca. 1300 kg |
Glocke 3 | Bonifatiusglocke | Ton g | 1060 mm Durchm., ca. 800 kg |
Glocke 4 | Edith-Stein-Glocke | Ton a | 960 mm Durchm., ca. 550 kg |